Zertifizierung? Lizenzierung? Orientierung!

Von Clara Herz

Die Frage nach den Qualitätsstandards und damit einhergehend auch den geschützten Berufsbezeichnungen für Mediator:innen sorgt gerade bei Interessierten immer wieder für Verwirrung: Wer darf sich in Deutschland eigentlich „Mediatorin“ bzw. „Mediator“ nennen? Was hat es mit dem „zertifizierten Mediator“ auf sich? Und welche Rolle spielen die Verbände? Diesen Fragen widmet sich der nachfolgende Beitrag.

Hinweis: Ein Update zu den ab 1. März 2024 geltenden gesetzlichen Anforderungen für die „Zertifizierung“ nach der ZertMediatAusbV findet ihr am Ende des Beitrags.

„Zertifizierung“ nach der ZertMediatAusbV

Der Begriff des „zertifizierten Mediators“ geht unmittelbar auf das Mediationsgesetz vom 21.7.2012 (MediationsG) zurück. Nach dessen § 5 Abs. 2 darf sich „[a]ls zertifizierter Mediator […] bezeichnen, wer eine Ausbildung zum Mediator abgeschlossen hat, die den Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 6 [MediationsG] entspricht“.

Bei der insoweit maßgeblichen Rechtsverordnung handelt es sich um die „Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung“ vom 21.8.2016 (ZertMediatAusbV), aus der sich alle weiteren Einzelheiten ergeben. Zentrale Vorschrift für die Ausbildung zum „zertifizierten Mediator“ ist § 2 ZertMediatAusbV:

  • In § 2 Abs. 1 ZertMediatAusbV wird lediglich wiederholt, was gesetzlich bereits in § 5 Abs. 2 MediationsG geregelt ist: „Als zertifizierter Mediator darf sich nur bezeichnen, wer eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator abgeschlossen hat.“
  • Was genau dies erfordert, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 ZertMediatAusbV: „Die Ausbildung zum zertifizierten Mediator setzt sich zusammen aus einem Ausbildungslehrgang und einer Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation.“
  • Wichtig dabei: der Ausbildungslehrgang muss insgesamt mindestens 120 Präsenzzeitstunden umfassen (§ 2 Abs. 4 S. 1 ZertMediatAusbV) und bestimmte, vorgeschriebene Inhalte vermitteln, einschließlich praktischer Übungen und Rollenspiele (§ 2 Abs. 3 ZertMediatAusbV).
  • Zusätzlich zu dem Ausbildungslehrgang wird ein realer Mediationsfall verlangt, der auch in Co-Mediation durchgeführt werden kann.
  • Diese Mediation muss ferner im Wege einer Einzelsupervision nachbesprochen werden, die bereits während des laufenden Ausbildungslehrgangs stattfinden kann bzw. spätestens innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Ausbildungslehrgangs erfolgt sein muss.
  • Sind diese Voraussetzungen erfüllt, gilt die Mediationsausbildung als abgeschlossen. Hierüber hat das Ausbildungsinstitut eine entsprechende Bescheinigung auszustellen (§ 2 Abs. 6 ZertMediatAusbV).

Daraus ergibt sich eine wichtige Erkenntnis: In Deutschland existiert nach der Vorstellung des Gesetzgebers keine „Zertifizierungsstelle“ für Mediator:innen, sondern die Ausbildungsinstitute bestätigen mit der Bescheinigung über den Abschluss der Mediationsausbildung, dass die betreffende Person an einem entsprechenden Ausbildungslehrgang teilgenommen, eine Mediation durchgeführt und schließlich eine Supervision dieser Mediation stattgefunden hat.

Im Umkehrschluss bedeutet das: solange ein Ausbildungsteilnehmer keinen (echten) Mediationsfall übernommen bzw. noch keine Supervision einer durchgeführten (ersten) Mediation stattgefunden hat, darf er sich auch nicht als „zertifizierter Mediator“ bezeichnen.

Gesetzlich geschützt ist allerdings nur dieser spezielle Begriff. Als „Mediatorin“ bzw. „Mediator“ darf also – im Grunde – jeder tätig werden. Gleiches gilt für den „Wirtschaftsmediator“ und die „Wirtschaftsmediatorin“.

Neu seit 2022: QualitätsVerbund Mediation (QVM)

Eine wesentliche Neuerung in der Mediationslandschaft hat sich mit der Gründung des QualitätsVerbundes Mediation (QVM) im Jahr 2022 ergeben. Hierbei handelt es sich um eine als gemeinnützige GmbH organisierte Einrichtung, an der aktuell vier Mediationsverbände beteiligt sind: die Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation e.V. (BAFM), der Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e.V. (BMWA), das Deutsche Forum für Mediation e.V. und die Deutsche Gesellschaft für Mediation e.V. (DGM).

Ziel des QVM ist unter anderem die Gewährleistung eines einheitlichen, hohen Ausbildungsstandards und die Qualitätssicherung für Mediation in Deutschland. Vor diesem Hintergrund verfügt der QVM über eine unabhängige, verbandsübergreifende Zertifizierungsstelle, die das Vorliegen der Voraussetzungen für den „zertifizierten Mediator“ nach der ZertMediatAusbV (gegen Gebühr in Höhe von derzeit 100 EUR) prüft und bestätigt. Auf diesem Wege soll erreicht werden, dass tatsächlich eine Zertifizierung durch eine (insb. vom Ausbildungsinstitut) unabhängige Stelle erfolgt – genau, wie es die Bezeichnung als „zertifizierter Mediator“ eigentlich auch suggeriert und zudem durch die ISO-Norm für die Personenzertifizierungen (ISO/IEC 17024:2012) nahegelegt wird.

Zertifizierung als „QVM®-Mediator:in“

Zusätzlich zu der bereits genannten Zertifizierung durch den QVM existiert die Möglichkeit einer Zertifizierung als „QVM®-Mediator:in“, die an deutlich strengere Voraussetzungen geknüpft ist und einen besonders hohen Qualitätsstandard sicherstellen soll. Im Einzelnen:

  • Verlangt wird ein Studium oder eine vergleichbare Qualifikation im Grundberuf.
  • Die Mediationsausbildung muss mindestens 220 Zeitstunden umfassen, zusammengesetzt aus 120 Präsenzzeitstunden, 80 Zeitstunden Aufbau-Ausbildung nach QVM®-Standard (davon mind. 20 Zeitstunden Supervision) sowie 20 Zeitstunden Intervision.
  • In der Mediationsausbildung muss außerdem ein Abschlussprojekt (wie z.B. eine schriftliche Arbeit von 10-20 Seiten oder eine Präsentation) erstellt worden sein.
  • Erforderlich sind fünf eigene Mediationen, die insgesamt 25 Zeitstunden umfassen und jeweils supervidiert sein müssen. Zu beachten sind außerdem besondere Vorgaben hinsichtlich Falldokumentation, Abschluss der Mediation im Wege einer Vereinbarung und Fristen für die Durchführung der Mediation.
  • Hinzu kommt ein Gespräch mit zwei Gutachter:innen des QVM über die bearbeiteten und dokumentierten Fälle.

Liegt das Ausbildungsende vor dem 31.12.2022, besteht die Möglichkeit einer vereinfachten QVM®-Zertifizierung, für die 200 Zeitstunden Mediationsausbildung und fünf eigene (supervidierte) Mediationen genügen. Für die vereinfachte QVM®-Zertifizierung fallen Kosten in Höhe von 100 EUR an; für die Zertifizierung als „QVM®-Mediator:in“ liegen die Kosten aktuell bei 300 EUR.

Lizenzierung durch die Verbände

Eine zentrale Rolle im Bereich der Qualitätssicherung nehmen in Deutschland auch die verschiedenen Mediationsverbände ein, allen voran der Bundesverband Mediation e.V. (BM), die Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation e.V. (BAFM) und der Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e.V. (BMWA).

„Mediator:in BM®“

Der Bundesverband Mediation e.V. (BM) wurde 1992 gegründet und gehört mit seinen rund 2.500 Mitgliedern zu den größten Mediationsverbänden in Europa. Neben spezialisierten Arbeits- und Fachgruppen umfasst das Angebot des BM unter anderem Fortbildungsveranstaltungen, Kongresse und Möglichkeiten zum fachlichen Austausch. Eine Mitgliedschaft im BM ist bereits während der Mediationsausbildung (zu vergünstigten Konditionen) möglich.

Ebenfalls vor dem Hintergrund besonderer Qualitätssicherung besteht auf Verbandsebene die Möglichkeit, sich als „Mediator:in BM®“ lizenzieren zu lassen. Voraussetzung hierfür sind:

  • mindestens 200 Zeitstunden Mediationsausbildung, die von lizenzierten Ausbilder:innen BM® durchgeführt sein müssen,
  • fünf (reale) Mediationen, die dokumentiert und supervidiert sein müssen, sowie
  • nachgewiesene Mitarbeit in einem Mediator:innen-Netzwerk.

Alle Einzelheiten zur Lizenzierung sind in den aktuell geltenden Standards und Ausbildungsrichtlinien nachzulesen, einschließlich entsprechender Checklisten und Antragsformulare. Für die Lizenzierung als „Mediator:in BM®“ fällt eine Bearbeitungsgebühr von derzeit 275 EUR an.

„Mediator/in (BAFM)“

Im Bereich der Familienmediation existiert seit 1994 mit der Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation e.V. (BAFM) ein entsprechend spezialisierter Verband, dem mittlerweile rund 600 professionelle Familienmediator:innen angehören.

Ähnlich wie der BM bietet auch die BAFM eine verbandseigene Lizenzierung zum Zwecke besonderer Qualitätssicherung an. Eine Lizenzierung als „Mediator/in (BAFM)“ ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:

  • Mediationsausbildung im Umfang von mindestens 220 Zeitstunden an einem durch die BAFM anerkannten Ausbildungsinstitut (davon Seminare von mindestens 170-180 Zeitstunden, Teilnahme an angeleiteter Supervision im Umfang von 20-30 Zeitstunden sowie 20 Zeitstunden Intervision bzw. Peergruppenarbeit),
  • vier (echte) Mediationsfälle, wobei zwei Fälle supervidiert sein müssen; mindestens zwei der vier Fälle sind vollständig zu dokumentieren; ein Fall muss inhaltlich auch wirtschaftliche und juristische Aspekte betreffen und außerdem über mindestens vier Sitzungen bearbeitet worden sein.

Eine Lizenzierung ist ferner – wie im BM – nur in Verbindung mit einer Verbandsmitgliedschaft möglich.

„Mediator:in BMWA®“ bzw. „Wirtschaftsmediator:in BMWA®“

Auch der Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e.V. (BMWA), der 1996 gegründet wurde, verfügt über ein besonderes Anerkennungsverfahren. Dieses berechtigt zum Führen der Bezeichnung als „Mediator:in BMWA®“ bzw. „Wirtschaftsmediator:in BMWA®“ und hängt grundsätzlich von folgenden Anforderungen ab:

  • Mediationsausbildung im Umfang von mind. 200 Zeitstunden an einem BMWA-zertifizierten Ausbildungsinstitut (inkl. 20 Stunden Supervision und 30 Stunden angeleitete Selbstreflexion),
  • 30 Stunden Peer-Gruppen-Arbeit,
  • vier echte Mediationsfälle (mit besonderen Anforderungen an die Falldokumentation und den Verlauf der Mediation; davon drei Fälle aus dem Bereich Wirtschaft/Arbeit und Organisation; können auch in Co-Mediation durchgeführt sein),
  • schriftliche Abschlussarbeit im Umfang von 20 Seiten, die sich inhaltlich mit einem oder mehreren Aspekten der Mediation oder ihren Bezügen zu Konfliktfeldern in Wirtschaft und Arbeitswelt befasst,
  • (Abschluss-)Kolloquium mit Präsentation einer eigenen Mediation (oder vergleichbares „Abschluss-Testing“),
  • Mitgliedschaft im BMWA.

Wurde die Mediationsausbildung an einem Institut absolviert, das nicht durch den BMWA zertifiziert ist, besteht dennoch die Möglichkeit einer Lizenzierung. In diesem Fall entscheidet die Anerkennungskommission des BMWA über den Antrag. Zu beachten ist außerdem, dass bei nicht wirtschaftsorientierten Mediationsausbildungen zusätzlich 60 Ausbildungsstunden im Bereich Wirtschaft nachzuweisen sind.

Weitere Einzelheiten

Im Dschungel der Anerkennungs- und Lizenzierungsvoraussetzungen lässt sich leicht der Überblick verlieren. Wichtig ist deshalb, die konkreten Anforderungen der Verbände im Blick zu behalten, die auf den verschiedenen Internetseiten verfügbar sind (hier für den BM, hier für die BAFM und hier für den BMWA), und sich bei Klärungsbedarf und Fragen an die jeweiligen Verbandsgeschäftsstellen zu wenden. Auch die Ausbildungsinstitute helfen hier in der Regel gern weiter.

Nicht verschwiegen werden darf an dieser Stelle, dass die Verbände teilweise auch eine gegenseitige Anerkennung der Lizenzierungen ermöglichen, also beispielsweise als „Mediatorin (BAFM)“ eine vereinfachte (weitere) Lizenzierung als „Mediatorin BMWA®“ möglich ist.

Über die Voraussetzungen für eine Zertifizierung bzw. Lizenzierung hinaus sollten auch die einzelnen Fortbildungspflichten im Blick behalten werden, die jeweils im Anschluss greifen. Dies betrifft zum einen die Fortbildungspflicht aus §§ 3, 4 ZertMediatAusbV (40 Zeitstunden in den ersten vier Jahren sowie vier Einzelsupervisionen in den ersten zwei Jahren nach Abschluss der Mediationsausbildung). Zum anderen betrifft dies die Lizenzierungen durch die Verbände, die zeitlich befristet sind, d.h. auch hier wird nach einigen Jahren der Nachweis des Besuchs von Fortbildungsveranstaltungen und die Dokumentation weiterer Fälle erforderlich.

Ausblick

Im Juli 2023 hat das Bundesjustizministerium (BMJ) einige Änderungen der ZertMediatAusbV bekanntgegeben, die für Mediationsausbildungen ab März 2024 gelten. Hier die wesentlichen Änderungen im Überblick:

 

  • Der Umfang der Ausbildung wird von 120 auf 130 Zeitstunden erhöht, wobei bis zu 40 % der Ausbildungsstunden auch online durchgeführt werden können (§ 2 Abs. 4 ZertMediatAusbV n.F.).
  • Anstatt einer supervidierten Mediation sind zukünftig fünf supervidierte Fälle erforderlich (§ 2 Abs. 2 ZertMediatAusbV n.F.).
  • Damit die fünf Mediationsfälle anerkannt werden, müssen sie spätestens innerhalb von drei Jahren nach Beendigung des Ausbildungslehrgangs durchgeführt und supervidiert sein (§ 2 Abs. 5 ZertMediatAusbV n.F.).

Alle Einzelheiten zum Hintergrund der Änderung könnt ihr hier auf der Homepage des BMJ nachlesen.

Stand: 30. Juli 2023 (aktualisiert)

Eine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben wird trotz sorgfältiger Recherche nicht übernommen.