Zuhören: Zwei Buchtipps für bessere Gespräche
Von Clara Herz
Ratgeber zum Thema „Kommunikation“ gibt es viele. Doch nur wenige widmen sich dem Zuhören (als essentiellem Bestandteil gelungener Gespräche) in einer Tiefe wie es die beiden Bücher tun, die wir heute im Blog näher vorstellen möchten: „You’re Not Listening“ von Kate Murphy und „Listen“ von Kathryn Mannix.
Kate Murphy: You’re Not Listening. What You’re Missing and Why It Matters
In ihrem Ratgeber „You’re Not Listening“ nimmt uns die amerikanische Journalistin Kate Murphy mit auf eine Reise – im wahrsten Sinne des Wortes: in zahlreichen, teils anekdotisch wiedergegebenen Gesprächen mit Menschen aus allen Ecken der Welt nähert sich die Autorin der Frage an, warum wir einander eigentlich so schlecht zuhören, warum Zuhören für gute Gespräche so wichtig ist und wie wir einander besser zuhören können.
Schritt für Schritt leuchtet Kate Murphy in ihrem Buch die verschiedenen Komponenten aus, die für gute Gespräche notwendig sind. In den einzelnen Kapiteln erfahren wir beispielsweise mehr über die Hindernisse für Gespräche, in denen wir einander wirklich zuhören. Wir erfahren mehr über den Umgang mit anderen Meinungen und auch über die Grenzen des Zuhörens – etwa wenn wir Gefahr laufen, durch unser Gegenüber ausgenutzt und manipuliert zu werden.
Spannend sind auch die kurzen Ausflüge in die Kommunikationspsychologie, etwa zu Phänomenen wie dem „closeness-communication bias“, der sich häufig in Ehe und Partnerschaft, aber auch in Freundschaftsbeziehungen beobachten lässt. Ebenso augenöffnend sind die Hinweise zum Unterschied zwischen einer „support response“ und einer „shift response“, die die Qualität eines Gesprächs – je nach Art der Reaktion bzw. Antwort – fundamental verändern können. Zahlreiche wertvolle Hinweise und ein lesenswertes Buch!
Kathryn Mannix: Listen. How to Find the Words for Tender Conversations
Der Kunst des Zuhörens widmet sich auch die amerikanische Therapeutin Kathryn Mannix in ihrem Ratgeber „Listen. How to Find the Words for Tender Conversations“. Der Fokus des Buchs liegt dabei zunächst weniger auf ganz alltäglichen Konversationen, sondern vielmehr auf Gesprächssituationen, in denen es um schwierige und durchaus sensible Themen geht wie z.B. Krankheit oder Tod.
Der thematische Zuschnitt des Buchs erklärt sich vor dem beruflichen Hintergrund der Autorin. Kathryn Mannix war in den USA mehrere Jahre als Medizinerin in einer Klinik tätig und berichtet nun in ihrem Buch eindrücklich über ihre eigenen (Lern-)Erfahrungen im Umgang mit schwer kranken Patientinnen und Patienten und auch deren Angehörigen. Dabei stellt sie immer wieder den Wert des aufmerksamen und empathischen Zuhörens in den Vordergrund.
Doch das Buch ist bei Weitem nicht nur für angehende Ärztinnen und Ärzte interessant. Viele Gesprächssituationen, auf die Kathryn Mannix eingeht, lassen sich verallgemeinern oder auf andere Kontexte übertragen, etwa auf Gespräche im familiären Umfeld oder auf Konfliktgespräche im beruflichen Kontext. Besonders hilfreich sind die konkreten Tipps, die die Autorin uns im Verlauf des Buchs an die Hand gibt und abschließend in einem „Listening Style Guide“ übersichtlich zusammenfasst. Ein wunderbarer Ratgeber für Gespräche, die Fingerspitzengefühl erfordern.
Wesentliche Erkenntnisse
So unterschiedlich die beiden Bücher in der Herangehensweise und in der thematisch-sachlichen Gestaltung auch zunächst erscheinen mögen – überraschend sind die vielen Gemeinsamkeiten, die die beiden Autorinnen für gute Gespräche und gerade auch für das Zuhören im Einzelnen herausarbeiten:
- Zentral ist die eigene Haltung. Gespräche sollten von Neugier und einem aufrichtigen Interesse am anderen getragen sein. Nicht zuhören, um zu antworten. Sondern zuhören, um zu verstehen.
- Aufmerksames Zuhören ist eine Fähigkeit, die wir kultivieren können. Wir können gutes Zuhören lernen.
- Die Kunst des Zuhörens ist eng verbunden mit der Fähigkeit, gute Fragen zu stellen.
- Für gute Gespräche ist es wichtig, auf eine störungs- und ablenkungsfreie Umgebung zu achten.
- Gute Gespräche leben außerdem davon, dass wir auch Momente der Stille aushalten können.
Interessant ist übrigens, dass beide Bücher darauf eingehen, dass wir nicht nur mit anderen Menschen Gespräche führen, sondern häufig auch mit uns selbst. Ein Gespür für unsere eigene (innere) Stimme und unsere inneren Gespräche zu entwickeln, heben beide Autorinnen als wichtigen Aspekt hervor.
Für Mediatorinnen und Mediatoren sind die beiden Ratgeber ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir mit der Methode des aktiven Zuhörens einen essentiellen Beitrag dazu leisten, dass Menschen sich aufrichtig verstanden und gehört fühlen. Sich auch im Alltag immer wieder daran zu erinnern, dass wir vielleicht weniger sprechen und einander mehr zuhören sollten, so lautet die zentrale Botschaft der beiden Bücher. Unbedingt lesen!
Bibliografische Informationen:
Kathryn Mannix
Listen. How to Find the Words for Tender Conversations
Softcover | 2022 | 289 Seiten
Sprache: englisch
ISBN: 978-0008435479
Kate Murphy
You’re Not Listening. What You’re Missing and Why It Matters
Softcover | 2021 | 278 Seiten
Sprache: englisch (deutsche Übersetzung erhältlich)
ISBN: 978-1250779878